von Norbert Rau

Neuester Stand: Was gibt’s, was fehlt, wo klemmt’s?

Ende März lebten in der Bahnstadt fast 4.300 Menschen. Im ersten Quartal zogen 230 weg, 306 zogen von außerhalb in die Bahnstadt - und 22 wurden geboren. Macht unterm Strich einen Zuwachs von rund 100 pro Quartal. Die ursprünglich geplante Bewohnerschaft von 5.000 dürfte also 2020 erreicht sein, aber inzwischen ist von 6.800 Menschen die Rede, die hier einmal wohnen sollen, und unter der Hand spricht man von deutlich mehr, mit mehr Autos, Fahrrädern - und mittlerweile Elektrorollern. Und 6.000 Arbeitsplätze soll es am Ende geben - momentan sind es erst etwa die Hälfte und trotzdem sind wochentags jetzt schon Straßenecken, Einfahrten, Gehwege zugeparkt. Da stellt sich natürlich die Frage, ob die ursprünglich geplante Infrastruktur mithalten kann und ebenfalls um 36% oder mehr erweitert wird, z.B. Kitas, Schule, Gehwege, Straßen, Parkplätze, Radwege, ÖPNV… Hierzu einige Gedanken zum gegenwärtigen Stand der Projekte.

Wohnen: Am westlichen Ende des Langen Anger wurde „Urban Element“ mit 90 Wohnungen im Dezember 2018 bezogen, gefolgt von „Urban View“ mit 79 Mietwohnungen, die seit Mitte 2019 bezogen werden. „Urban Four“ (das vierte Bauprojekt im Bunde - das erste war „Urban Green“ an der Pfaffengrunder Terrasse) soll ab Anfang nächsten Jahres gebaut werden, mit 78 Wohnungen. Das Wohn- und Geschäftsquartier „Meilen.Stein“ mit 185 Mietwohnungen, Gewerbe­einheiten, Restaurants, Büros und einem Hotel soll bis Ende 2019 fertig sein und wird teilweise schon bezogen.

Kinderbetreuung: In der Bahnstadt werden jährlich mehr als 80 Kinder geboren, die wenig später ins Krippen- bzw. Kindergartenalter eintreten. Hinzu kommen Kinder im Vorschulalter, die bereits hier wohnen und solche, die mit ihren Eltern neu in die Bahnstadt ziehen. Diesen stehen derzeit sechs Kindertageseinrichtungen und eine Kindertagespflege mit 180 Krippen- und 280 Kindergartenplätzen gegenüber. Im Bau befinden sich KiKu Kinderland im Wohnprojekt „Meilen.Stein“ am Langen Anger und die Kita First Steps in den „Westarkaden Heidelberg“ mit insgesamt 70 Krippen- und 20 Kindergartenplätzen - sozusagen ein Jahresbedarf. Weiterer Bedarf liegt bei der aktuellen Planung der Bewohnerzahl auf der Hand.

Schule: Angesichts der Tatsache, dass gegenwärtig jährlich über 80 Bahnstadt-Kinder geboren werden und dass es bei Erreichen des Bewohnerendstandes extrapoliert jährlich über 100 sein dürften, reichen die 150 Plätze der Bahnstadt-Grundschule am Gadamerplatz, die mit dem Schuljahr 2017/18 ihren Betrieb aufgenommen hat, nicht aus.

Freiflächen und Sport: Wohl kaum ein Vorhaben in der Bahnstadt wurde so häufig verschoben wie die Gestaltung der Pfaffengrunder Terrasse, so dass es wagemutig erscheint, sich der Prognose der Stadt Heidelberg anzuschließen. Die sehr attraktive Planung des Platzes mit Bäumen, Rasenfläche, Spielwiese und Freizeitmöglichkeiten soll nun tatsächlich ab dem ersten Halbjahr 2020 umgesetzt werden. Bis dahin geht die Zwischennutzung mit Baufahrzeugen und -Containern, Graffitimauern, Tischtennisplatten und Urban Gardening auf der Splitfläche erst einmal weiter. Deutlich vorher wird die Spiel- und Freizeitfläche unterhalb der Promenade nahe der künftigen Eppelheimer Terrasse fertig. Voraussichtlich ab November werden vor allem Kinder und Jugendliche dort auf Liegen, Bänken und an Tischen jahreszeitgemäß „chillen“ und sich im Soccercourt, der Calisthenics-Anlage und auf Slacklines sportlich betätigend aufwärmen können. Wer sich in wärmerer Umgebung verausgaben möchte, wird dies dereinst im Pfitzenmeier-Fitnesscenter tun können, allerdings erst ab 2022. Dann aber mit Wellness, Dachterrasse und Gastronomie.

Straßen: Nachdem der Lange Anger aufgrund des Drucks von Eltern nicht wie vorgesehen nach Eröffnung der Grünen Meile Ende 2019, sondern schon im September (provisorisch) gesperrt wurde, ist die Verkehrsführung um den Gadamerplatz vorübergehend deutlich unbequemer als geplant, nämlich über Max-Jarecki-Straße, Czernyring, Eppelheimer Straße und Agnesistraße, bzw. umgekehrt. Jetzt gibt es politische Kräfte, die die Sperrung des Langen Anger wieder rückgängig machen wollen. Diese hat aber nicht nur dazu geführt, dass der Verkehr auf dem Langen Anger während des Tages deutlich abgenommen hat und langsamer und damit sicherer geworden ist. Auch der bis zur Sperrung starke (und schnelle) Verkehr in den frühen Morgenstunden ist bis auf einen kleinen Rest reduziert - ein Hinweis darauf, dass es sich vorher überwiegend um abkürzenden, den Umweg über den Czernyring scheuenden Durchgangsverkehr gehandelt hat. Dieser wird jetzt mit Hinweisschildern aufgefordert, die Eppelheimer Straße und den Czernyring nutzen. In wenigen Wochen dürfte der Bahnstadt-interne Umweg über die Grüne Meile deutlich kürzer und für alle erträglich sein. Ein paar hundert Meter Umweg für die Sicherheit der Kinder.

Die provisorischen Absperrungen sind nur eine Interimslösung, die durch fest eingelassene Poller im Langen Anger ersetzt werden soll. Dann können nur noch Radfahrer und E-Tretrollerfahrer passieren sowie berechtigte Fahrzeuge, die die Poller absenken können – also etwa Feuerwehr, Rettungsdienste und Müllfahrzeuge.

Ein Teil des Czernyring kann seit Anfang Oktober wieder zweispurig in beide Richtungen befahren werden. Neue Ampeln gewährleisten Fußgängern und Radfahrern die gesicherte Querung des Czernyrings an allen Kreuzungen. Die Kreuzung Czernyring/Max-Jarecki-Straße ist fertiggestellt. An der Kreuzung Grüne Meile/Max-Planck-Ring West bleibt die Einmündung Grüne Meile bis Ende 2019 gesperrt. Dann sind neben dem Straßenbau auch alle Signalanlagen auf der Grünen Meile zwischen Agnesistraße und Czernyring funktionsfähig, sodass dann eine gesicherte Verkehrsführung entlang der Gleistrasse gewährleistet ist. Die Zufahrt zum Hauptbahnhof erfolgt weiterhin nur über die Westseite des Max-Planck-Rings. Ebenso gelangen Fußgänger und Radfahrer von der Bahnstadt aus weiterhin über die Ostrampe zum Hauptbahnhof. Die Einfahrt in die gegenüberliegende Einsteinstraße bleibt bis zum Endausbau für den Verkehr gesperrt.

Radwege: Der Hauptradweg der Bahnstadt ist der an der Promenade, ein kombinierter Rad- und Fußgänger­weg, wobei der durch eine Pflaster­stein­markierung optisch abgetrennte Radweg etwa 40% der gesamten Breite einnimmt. Er wurde lange vor dem Erscheinen von Lastenrädern, Fahrradanhängern, Pedelecs und Elektrorollern geplant, so dass es jetzt manchmal ziemlich eng wird, wenn diese sich begegnen oder überholen wollen. Immer öfter wird dann mit gleichbleibender Geschwindigkeit der Fußgängerbereich benutzt. Mit dem weiteren Ausbau der Bahnstadt und einer besseren Anbindung der Radwege wird es noch mehr Radverkehr geben, was absehbar zu kritischen Situationen führen wird.

Auch am Czernyring zum Hauptbahnhof hin ist ein neuer Radweg fertiggestellt, übergangsweise als gemeinsamer Geh- und Radweg in beide Richtungen ausgewiesen. Sobald die Hochbauarbeiten auf den angrenzenden Baufeldern abgeschlossen sind, d.h. ca. 2022/23 soll ein separater Gehweg angelegt werden.

Gneisenaubrücke: Ob die Rad- und Fußgängerbrücke von der Eppelheimer Straße über die Gleisanlagen tatsächlich gebaut wird, scheint wieder ungewiss, denn die Kostenangebote sollen das Planbudget angeblich massiv übersteigen. Damit könnte es passieren, dass die Zahl der ursprünglich geplanten Fahrradbrücken von Drei auf Null reduziert wird, womit die Zukunft des Radverkehrs in der Bahnstadt gegen eine des Autoverkehrs ausgetauscht würde. Man wird mit Spannung beobachten, ob der geplante Baubeginn im nächsten Monat tatsächlich stattfindet.

Europaplatz und Konferenzzentrum: Wer zur Zeit über die Max-Jarecki-Straße zum Bahnhof läuft, stellt fest, dass überall nach Kräften gebuddelt wird, gegenüber von SkyLabs und auf der gesamten Fläche südlich des Bahnhofs. Das Konferenzzentrum, für dessen Bau in der Bahnstadt sich der Stadtteilverein unermüdlich eingesetzt hat, wird neben flexibel einteilbaren Konferenzräumen - der größte für bis zu 1.800 Personen - eine integrierte Gastronomie erhalten. Der Betrieb durch die Heidelberger Kultur- und Kongressgesellschaft mbH ist ab Anfang 2023 geplant. Zum Europaplatz siehe die Notiz „Europaplatz im Bau!“

Gewerbe und Büros: Bislang sind in der Bahnstadt 156 Betriebe und Geschäfte mit insgesamt 2.875 Beschäftigen angesiedelt und in den nächsten Monaten werden es mehr. Dass das Einkaufszentrum „Westarkaden“ wie geplant Ende 2019 eröffnet würde, haben die Kenner der Bauszene unter den Vereinsmitgliedern von Anfang an bezweifelt und jetzt steht es fest, dass sie Recht behalten: Die Fertigstellung ist nun für März 2020 geplant. Zu den rund 300 Wohnungen sollen dann ein Lebensmittel-Supermarkt (Edeka), ein Lebensmittel-Discounter (Aldi), ein Drogeriemarkt (DM), eine Apotheke, ein Friseur, eine Kita sowie Büro- und Praxisflächen kommen. Der Bauträger plant allerdings eine Teileröffnung zu Ende 2019, was immer das heißen wird.

Das ehemalige PX-Gebäude, in welchem der Aldi derzeit residiert, wird dann abgerissen. An dieser Stelle soll ab 2020 das „Kopernikusquartier“ mit Gebäuden für Dienstleistungen, Wohnungen und Einkaufsläden entstehen.

16 kleinteilige Gewerbeeinheiten, zwei Restaurants und Büros sind in Kürze im „Meilen.Stein“ am Gadamerplatz bezugsfertig. Im  kürzlich fertig gestellten Labor- und Bürogebäude „SkyAngle“ am Langen Anger stellt die Max-Jarecki-Stiftung rund 16.000 Quadratmeter für forschungs- und wissenschaftsnahe Unternehmen zur Verfügung, wobei zwei Bestandsmieter der benachbarten SkyLabs, Heidelberg Engineering und Reckitt Benckiser sowie ein Beratungsunternehmen für SAP-Anwendungen bereits eingezogen sind. Da auf den 19.000 Quadratmetern der SkyLabs rund 500 Arbeitsplätze entstanden sind, dürften im SkyAngle noch einmal 400 bis 450 Arbeitsplätze entstehen. (nr)
 

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